Die musikalischen Großtaten von Fleetwood Mac wurden zumeist von ebenso großen persönlichen Dramen begleitet. Die Aufnahmen zu „Rumours“ müssen die Hölle gewesen sein. Die Frau von Mick Fleetwood hatte ihn mit seinem besten Freund betrogen. Stevie Nicks und Lindsey Buckingham trennten sich. Und Christine und John McVie ließen sich scheiden. Tagsüber schossen sie sich mit Kokain und Brandy ab. Und ab zwei Uhr nachts, wenn sie wieder einigermaßen klar waren, schrieben sie im sechs mal neun Meter großen Aufnahmeraum Lieder, in die sie Schmerz und Hass gossen: „You Can Go Your Own Way“, „Never Going Back“.
Christine McVie blieb auch in Kalifornien die Britin der Band. Ihre besonnenen Kompositionen und Beiträge haben etwas Traumhaftes, versuchen, Gefühle zu übersetzen und das Positive herauszustellen. Sie schrieb etwa „Don’t Stop“, das sie im Duett mit Lindsay Buckingham einspielte. „Yesterday’s Gone“ singen sie, und John, der Mann, von dem sich McVie damals trennte, liefert dazu eine meisterliche Rhythmusarbeit.
In den 1980er Jahren feierten Fleetwood Mac ein Comeback und erschlossen sich ein jüngeres Publikum mit Radiohits, an denen Christine McVie großen Anteil trägt. „Everywhere“ und „Little Lies“ sind die populärsten.
Sie trennte sich von Fleetwood Mac, kam später wieder zurück. Es ging in dieser Band ja immer hin und her, der ständige Wechsel sorgte für Dauer. Nachgeborene Künstlerinnen wie die Haim-Schwestern und Florence Welch verneigten sich vor diesem Werk.
Nun ist Christine McVie nach kurzer Krankheit gestorben, wie es heißt. Ihre Familie war bei ihr, sie wurde 79 Jahre alt.
RP vom 01.12.2022 / von Philipp Holstein